Tagtägliche Ausbeutung

 

Ein kleine Geschichte - eine Unterhaltung:

 

Arbeiter: "...Mir ist im Moment alles zu viel! Ich muss hier ganz schön ackern, Pausen gibt´s selten und bedanken tut sich auch keiner. Irgendwie macht mir das Ganze keinen Spass mehr!"

 

Direktor: "Hey, warum so unzufrieden?"

 

Arbeiter: "Das ist noch nicht alles! Wenn ich erschöpft und müde bin, gibt es viel Kaffee und Süßigkeiten als Doping. Ich werde regelmäßig mit Schmerzmitteln versorgt, damit es so weitergeht wie bisher. Am Abend kriege ich Alkohol, damit ich den Druck nicht mehr so spüre."

 

Direktor: "Ich weiß das bereits! Und mir ist bekannt, wer dafür verantwortlich ist."

 

Arbeiter: "Na, mein Chef!"

 

Direktor: "Tja, er meint halt, er muss extrem viel leisten. Andere Systeme würden einfach weitere Helfer einstellen."

 

Arbeiter: "So viel ich weiß, ist das nicht möglich, unser Team ist vollzählig. Das Problem sind die zusätzlichen Erledigungen, die mein Chef auf sich nimmt.

 

Direktor: "Dein Chef müsste überhaupt nicht so viele Aufgaben annehmen!"

 

Arbeiter: "Das meine ich auch, er macht es trotzdem. Was weiß ich, warum. Vielleicht, weil er sich um seine Zukunft sorgt oder weil er Angst ums Geld hat!? Mein Chef fordert permanenten Einsatz von mir und den anderen Arbeitern. Dabei bemerkt er nicht, dass wir fix und fertig sind, von der Antreiberei."

 

Direktor: "Na ja, wie lange das wohl gut geht?"

 

Arbeiter: "Wir sind jetzt schon total geladen. Irgendwann gehen wir auf die Barrikaden, da bin ich sicher!  Es wäre natürlich schön, wenn es nicht dazu kommen muss. Ich würde mir eine Pause und Entspannung wünschen, meine Kollegen ebenso."

 

Direktor: "Also, das weiß doch eigentlich jeder, dass ein Team dann gut funktioniert, wenn der Energielevel oben bleibt. Jeder braucht dazu Auszeiten, um wieder aufzutanken. Wie viele Tage hast du denn frei?"

 

Arbeiter: "Es gibt kein frei! Ich muss immer arbeiten. Dabei wäre zumindest ein Tag ohne große Verpflichtungen schon eine Erleichterung. Und genau deshalb möchte ich endlich mit meinem Chef sprechen."

 

Direktor: "Das hört sich ja nach Ausbeutung an! Leider ist es nicht möglich, einfach so einen Termin bei ihm zu bekommen. Da muss ich dich enttäuschen. Außerdem bleibt dir nichts anderes übrig, als deinem Chef Zeit zu lassen."

 

Arbeiter: "Ich meine, er hatte schon genug Zeit - wir waren geduldig genug! Aber naja, wenn es nicht anders geht!? Dann werde ich wohl weitermachen müssen. Die Frage ist nur auf welche Art und Weise?"

 

Direktor: "Du gibst ja schnell auf! Kann es sein, dass du die Mentalität eines treuen Dieners hast, der sich aufopfert - der alles für seinen Chef macht?

 

Arbeiter: "Wohl eher ja, wahrscheinlich ist das meine Aufgabe. Wer bist du eigentlich?"

 

Direktor: "Ich bin der Direktor in diesem Laden, eine Art stiller Teilhaber. Ich weiß hier über alle Geschehnisse Bescheid! Man kann sagen, dass ich eigentlich die Fäden in der Hand halte. Dein Chef handelt in vielen Dingen nach meinen Vorgaben, ohne dass es ihm klar ist. Übrigens hat das alles seinen Grund, warum es hier so ist, wie es ist."

 

Arbeiter: "Echt? Aber warum lässt du meinen Chef dann in bestimmten Bereichen einfach so handeln, wie er es für richtig hält? Findest du es nicht ungerecht, dass wir ihm fast schon egal sind?"

 

Berater: "Weißt du, mir ist bewusst, dass dein Chef seine Erfahrungen selbst machen muss. Er lernt ja im Laufe seines Lebens immer dazu und am besten erkennt er durch Fühlen. Er ist so gestrickt und braucht seine Lektionen. Leider meint er, dass er alleine agiert und an mich denkt er schon gar nicht. Es ist ihm nicht klar, dass du und deine Kollegen eine treue Gefolgschaft seid, die für ihn Tag und Nacht das Beste gibt. Wenn euer Team einmal den Dienst versagt, wird er das fühlen."

 

Arbeiter: "Aber kannst du, wenn du dich schon als Direktor bezeichnest, meinem Chef nicht einfach ´mal Bescheid geben, dass er etwas ändern soll, damit es uns allen gut geht?"

 

Direktor: "Ich kann mit ihm nicht direkt sprechen, da er mich nicht wahrnimmt. Jedoch ist es möglich, dein Anliegen unserem Vermittler vorzutragen."

 

Arbeiter: "Oh, das wäre toll - wenigstens etwas."

 

Direktor: "Nur kann ich nicht sicher sagen, ob der Vermittler es schafft, den Chef auf sich aufmerksam zu machen. Ah, Vermittler, da bist du ja!"

 

Vermittler: "Braucht ihr mich?"

 

Arbeiter: "Äh ja, hallo! Stimmt es, dass du nicht einfach mit meinem Chef sprechen kannst?"

 

Vermittler: "Ich versuche es regelmäßig, aber mein Problem ist, ich bin für ihn nicht sichtbar und habe eine sehr leise Stimme. Ich bin nur in der Lage zu flüstern und das überhört dein Chef sehr oft. Außerdem ist er im Vergleich zu mir sehr laut. Auf jeden Fall gebe ich mein Bestes, um deine Bitte zu erfüllen."

 

Arbeiter: "Ein Versuch wäre es wert. Bleibst du bitte dran und versuchst meinem Chef auszurichten, er solle bitte für Änderungen sorgen? Sonst passiert etwas, da wir irgendwann nicht mehr können. Wir fühlen uns jetzt schon so ausgebrannt."

 

Vermittler: "Ja, das mache ich und wir vertrauen, dass ich früher oder später zu ihm durchdringe."

 

Arbeiter: "Ich hoffe sehr, denn ich halte das Schuften nicht mehr aus. Ich werde nie kapieren, warum mein Chef so viele Aufträge an sich reißt."

 

Direktor: "Also, wenn du da eine Antwort willst, musst du jemand anderen fragen. Wir haben hier einen sehr erfahrenen und talentierten Berater, ein weiser Experte. Er hält sich in der Regel sehr zurück, ist extrem geduldig und freut sich, wenn er beachtet wird. Immer, wenn dein Chef sein Leben und sein Tun hinterfragt oder sich in lebensbedrohlichen Situationen befindet, steht er bereit. Schau, ich stelle ihn dir vor.

 

Berater: Guten Tag, was kann ich für dich tun?

 

Arbeiter: "Ich grüße dich. Hast du eine Antwort auf die Frage, warum mein Chef so geschäftig ist und sich so viel antut?"

 

 

Die tiefe Sehnsucht nach Anerkennung und LIebe

Berater: "Das kann ich dir gerne sagen. Weil er sich häufig nicht wertvoll fühlt. Weißt du, dein Chef wurde schon seit seiner Kindheit sehr oft kritisiert. Das hat dazu geführt, dass er begonnen hatte, zu denken, er wäre nicht gut, so wie er ist. Damit lehnt er sich selbst ab.

 

Dieses Gefühl von Ablehnung verursacht in ihm die tiefe Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe. Jetzt meint er, dies durch sein aufopferndes Kümmern und sein übertriebenes Tun zu bekommen. Er will keine Kritik mehr hören und ist deshalb zum Perfektionisten geworden. Hinter seinem Handeln steckt die stille Frage: "Liebt ihr mich jetzt endlich?"

Arbeiter: "Aber lieben ihn die anderen tatsächlich für seinen  Einsatz?"

 

Berater: "Leider erhält er von den Umsorgten nur eine Ersatzliebe, die keine echte Liebe ist. Die Leute, für die er das macht, sind selten zufrieden. Viele lieben sich selbst ebenfalls nicht wirklich. Das hat zur Folge, dass dein Chef erneut kritisiert wird, dass es trotz allem noch nicht genug ist. Diese Menschen leben von seiner Energie."

 

Arbeiter: "Äh, das finde ich aber nicht in Ordnung! Und Schuld haben die Menschen, für die er sich so aufopfert!"

 

Berater:  "Nein, so ist es nicht. Jeder Mensch hat für sich selbst die Verantwortung. Durch sein Kümmern macht er die anderen abhängig. Er hat indirekt Ja zu diesem Energieaustausch gesagt. Das führt dazu, dass er sein eigenes System durch die zusätzlich übernommene Verantwortung überlastet. Seine eigenen Bedürfnisse stellt er hinten an."

 

Arbeiter: "Ich verstehe! Und jetzt?"

 

Berater: "Tja, wir haben hier die Herausforderung, dass dein Chef das erst selbst erkennen muss. Ich kenne viele andere Chefs, die mussten erst zusammenbrechen oder bekamen einen Burnout. Die Zwangspause hatten sie durch ihr Verhalten selbst zu verantworten. Kein Außenstehender war daran schuld!"

 

Arbeiter: "Muss man es denn so weit kommen lassen?"

 

Berater: "Nein, eigentlich nicht, aber dein gestresster Chef hört kaum auf den Vermittler und mich nimmt er wie den Direktor fast nie bewusst wahr."

 

Arbeiter: "Okay, hoffen wir einfach, dass es irgendwann gelingt. Bis dahin arbeite ich weiter, so lange es geht..."

 

Berater: "Irgendwann kommt die Zeit, in der es dein Chef begreifen wird...

 

Arbeiter: "Und ein Danke von ihm wäre auch ´mal fällig..."

 

 

Und das waren die tatsächlichen Akteure

Arbeiter = Organ und Zelle im Körper

 

Chef = das Ich / das Ego / der innere Antreiber

 

Direktor = das Unterbewusstsein

Vermittler = das Bauchgefühl / die Intuition


Berater = das  höhere Selbst (das alles weiß)

 


Und? Sagst Du Deinem Körper Danke, für seine treuen Dienste oder siehst Du alles als selbstverständlich an? Kümmerst Du Dich in Deinem Umfeld um jeden und alles, vernachlässigst aber Deine Bedürfnisse, weil Du nur Deinem inneren Antreiber folgst? Gönnst Du Dir Pausen?


Hinterfragst Du, warum Du in Deinem Leben so viel machst und für wen? Prüfst Du, welche Motivation dahinter steckt?

 

 

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